Schwerpunkt Ravel 150
Der runde Geburtstag Maurice Ravels eröffnet die Gelegenheit zu einer Saison-Eröffnung besonderer Art: Mit fantasievollen Märchenstücken, einer selten zu erlebenden lyrischen Fantasie und einem Spotlight-Gesprächskonzert lädt das hr-Sinfonieorchester mit seinem Chefdirigenten gezielt auch Kinder, Jugendliche und Familien in die Alte Oper ein.
MIt allen Sinnen für die Zauberdinge
Saisonauftakt für Groß und Klein, für alle zwischen Kind und Kenner, und jene, die gern staunen wollen. L’enfant et les sortilèges (Das Kind und die Zauberdinge) heißt eine Opernminiatur der fantastischen Art. Geschrieben hat sie Maurice Ravel, der französische Jubilar des Jahres 2025. Er war ein ausdrucksstarker Komponist und zugleich ein sensibler Künstler – mit einer großen Kinderseele. Ein Kind steht auch im Mittelpunkt dieser selten gespielten, aber so ungemein liebevoll, poetisch und auch komisch geratenen »Fantaisie lyrique«. Es sieht sich von seinen »Zauberdingen« umgeben, die plötzlich zum Leben erwachen und ihr Eigenleben entwickeln.
Ein Werk wie aus Ravels Innenwelt entsprungen – schaute er doch selbst aus Kinderaugen auf seine Welt und war gleichzeitig der Konstrukteur, der den Zauber erst entstehen lässt. In seinem Haus umgaben Ravel Spieluhren, Nippes, Puppenporzellan, Automaten für Vogelgesang. Als Kind habe er wohl selbst eine Spieldose verschluckt, hat einmal jemand spitzfindig über ihn geschrieben. Das Märchenhaft-Verspielte war seine Welt, aber auch das Verspielt-Mechanische. Igor Strawinsky nannte ihn den »Schweizer Uhrmacher«, in Anspielung an die Nationalität und den Beruf des Vaters. Vom großen Gefühl schien Ravel jedenfalls nichts wissen zu wollen – das hört man auch seiner Musik an, die nie von einem emotionalen Überfluss eingedickt wird. Bei ihm geriet alles präzise wie der legendär gewordene Boléro-Trommelschlag: »Ich verlange nicht, dass man meine Kompositionen interpretiert«, hat Ravel gesagt. »Ich erwarte lediglich, dass man sie spielt.«
Und das macht das hr-Sinfonieorchester – zu seinem 150-Jahre-Jubiläum sogar besonders gerne! Seine märchenhaftes Ma mère l’oye steht auf im Programm, sein G-Dur-Klavierkonzert, das aus einer Spieldose mit Turbomodus entsprungen sein könnte, und schließlich La valse, dieses prächtige Zerrbild eines Wiener Walzers – bei dem am Ende alles in die Brüche geht, mit einer echt kindlichen Lust an der Destruktion.